Kabbalah Centre Berlin - Jüdische Mystik für jedermann (2024)

Kabbalah Centre Berlin

Kabbalah Centre Berlin - Jüdische Mystik für jedermann (1)

Von Stefanie Oswalt·02.10.2016

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Traditionell war die Kabbala nur männlichen Juden über 40 zugänglich. Bis Philip "Rav" Berg und seine Frau Karen die Lehre öffneten - von Kritikern als "Hollywood-Kabbala" geschmäht. Auch in Berlin gibt es seit zehn Jahren ein solches "Kabbalah Centre".

Aus dem PodcastReligionen

Samstagvormittag im Kabbalah-Centre in Berlin Schöneberg. Die ehemalige Postkantine erstrahlt in festlichem Glanz: blütenweiße Wände, Deckenfresken, moderner Kronleuchter, dezente Möbel.

Gut frisierte Damen in Seidenkleidern umarmen sich zur Begrüßung, bevor sie sich in die rechte Hälfte des Raumes setzen. In der linken die Männer, ganz in Weiß, viele tragen eine Kippa auf dem Kopf und einen edel verzierten Tallit, den jüdischen Gebetsmantel, um die Schultern.

Gespannte Erwartung vor dem Besuch von Karen Berg

Hebräische Sprachfetzen sind zu hören, englische und deutsche. Die Atmosphäre ist freudig erregt, denn heute wird die Gründerin des Kabbalah-Centres erwartet, Karen Berg.

Eine zunächst etwas gebrechlich wirkende Dame betritt die Bühne. Beim Sprechen aber strahlt sie große Selbstgewissheit aus: Karen Berg spricht vom Licht, das die Kabbala bringe und von der Energie, die die Menschen aus dem Zohar, der im Mittelalter verfassten Hauptschrift der Kabbala, ziehen könnten.

Für Berlin sei das besonders wichtig, da auf der Stadt immer noch die Schatten der nationalsozialistischen Vergangenheit lägen. Seit dem Tod ihres Mannes Rav ist Karen Berg der spirituelle Kopf des Zentrums:

"Er war ein erfolgreicher Geschäftsmann in den USA und gab den Job auf, um sieben Jahre lang zu studieren. Als er die Kabbala vollständig erforscht hatte, traf er mich. Ich habe zu ihm gesagt: Wenn ich das lernen kann – lass uns dieses Wissen der Welt schenken. Er sagte: Das wurde noch nie gemacht. Also sagte ich zu ihm: Vielleicht sind wir deshalb füreinander bestimmt... Als wir anfingen, hatte sich der Kosmos für diese Art der Lehre geöffnet."

Auf der Suche nach Spiritualität

Die Mission der Bergs: die Lehren der Kabbala für alle Menschen zu öffnen, ungeachtet ihres Geschlechts, ihres Alters oder ihrer Religion. Trotzdem trifft man an diesem Vormittag in Berlin auf etliche Kabbala-Schüler, die jüdische Wurzeln haben, wie die Journalistin Lia, den Konfliktberater Andreas oder die Rentnerin Irina:

Lia: "Ich warte auf die Kabbala, seit ich etwa 13 bin. Ich bin Jüdin und bin eher verbunden mit der Spiritualität des Judentums und nicht mit der Religion oder Tradition. Und die war aber nicht zugänglich."

Andreas: "Ich bin Jude und ich habe mich erst mal nicht so mit dem Judentum anfreunden können. Habe erst mal nach einem Weg gesucht, nach ganz anderen Religionen, World Religions angeguckt, also Buddhismus, Hinduismus, Taoismus, und irgendwann hab ich mich erinnert, dass ich eine Tradition hab... Und bin jetzt seit 4 Monaten hier auch in mehreren Kursen und merke, wie tief mich das berührt."

Irina: "Ich habe Spiritualität gesucht und habe verschiedene Sachen ausprobiert, zum Beispiel Eckankar, Art of Living… Dann zufällig bin ich auf Kabbala gestoßen und ich habe jüdische Wurzeln. Das ist ein Grund, aber nicht der Hauptgrund. Kabbala ist der Ursprung von allem."

Das Ziel: ein besserer Mensch werden

Auch die Lehrer der Kabbalah-Zentren sind in der Regel jüdisch. So wie David Naor. Geboren in Hannover, hat er in Israel und London die Kabbala studiert und unterrichtet jetzt am Berliner Zentrum.

"Es geht darum, ein besserer Mensch zu werden – nicht ein besserer Jude. Sondern wenn ich Christ bin, dann lerne ich, ein besserer Christ zu sein, und wenn ich ein Moslem bin, lerne ich ein besserer Moslem zu sein, weil es um diese Weisheit geht, nicht darum, einer Tradition zu folgen oder ein Ritual zu folgen, sondern es geht um den Inhalt, es geht um die Weisheit, und was es mit mir macht."

Weisheit bedeute, sich selbst zu beobachten, ohne Vorurteile auf den anderen und die Welt zuzugehen, das "Licht" wahrzunehmen und den Nächsten zu lieben. So knapp formulieren es die "13 Prinzipien der Kabbalah" in einer Publikation des Centres für Einsteiger.

Schriftzeichen kommunizieren mit der feinstofflichen Ebene

Die Schabbatfeier, die auf Karen Bergs Vortrag folgt, ist für Außenstehende nicht von einem jüdischen Gottesdienst zu unterscheiden. Männer im Tallit lesen abwechselnd aus der Tora vor. Viele der Anwesenden können Hebräisch weder sprechen noch lesen. Aber es geht auch gar nicht um das Verständnis der Texte, die hier vorgetragen und gleichzeitig mit einem Projektor an die Wand proji*ziert werden.

David Naor: "Wir lernen in der Kabbala, dass die hebräischen Schriftzeichen nicht Schriftzeichen sind, die zu einer bestimmten Nationalität oder Land gehören, sondern es sind Schriftzeichen, die in der Lage sind, zu kommunizieren mit der feinstofflichen Ebene, sprich sie kanalisieren diese Energie von der feinstofflichen Ebene, der spirituellen Ebene, in unsere Ebene."

Das geschehe durch das Meditieren über die Buchstaben, Naor nennt es "Scannen", des Zohar. So erfahre man Energie, Licht und Spiritualität.

Heftig kritisierte Kommerzialisierung

Solche Lehren stoßen immer wieder auf Kritik. Etwa bei Professor Christoph Schulte, der an der Universität Potsdam jüdische Philosophie unterrichtet und die Wirkungsgeschichte der Kabbala gründlich erforscht hat. Er nennt viele Lehren des Kabbalah Centres schlichtweg "Nonsens".

"Es ist nicht skandalös, was die machen, es ist einfach eine Kommerzialisierung, und die wird innerjüdisch zum Teil sehr heftig kritisiert. Es ist natürlich, wenn man so will, auch ein Ausverkauf der Kabbala, weil man das kabbalistische Wissen und Studium völlig entgrenzt. Da wird die Kabbala aus ihrem genuinen Kontext herausgenommen und wird zu einer New-Age-Religion, passend zu anderen religiösen Entwicklungen der 80er-Jahre in den USA umgewandelt."

David Naor weist den Vorwurf der Kommerzialisierung zurück: Viele Veranstaltungen seien kostenfrei, ein Grundkurs mit acht Unterrichtsstunden am Zentrum koste 49 Euro. Wer mittellos ist, erhalte ein Stipendium und schließlich zahle man auch an anderen Bildungseinrichtungen. Und was spreche gegen die Offenheit?

"Wir machen praktisch hier im Kabbalah Centre einen Basar auf und wir bieten Information an und Weisheit, die wir entnehmen aus dieser Linie der Kabbalisten. Und wir präsentieren es natürlich praktisch, das ist unser Hauptfokus. Jeder darf sich aus diesem Bazar nehmen, was einem gefällt und was zu einem passt. Wir schreiben da niemandem etwas vor."

Kabbalah Centre Berlin - Jüdische Mystik für jedermann (2024)

FAQs

Wie heißt die jüdische mystische Tradition zu der Madonna gehört? ›

Bergs New-Age-Version der Kabbala, die unter Prominenten wie Ashton Kutcher, Madonna oder Britney Spears populär ist, wird auch als „Hollywood-Kabbala“ bezeichnet und von Kritikern als Antithese zur echten Kabbala angesehen.

Was ist die Lehre der Kabbala? ›

Kabbala ist die mystische Lehre und Tradition des Judentums, im weiteren Sinne auch die Bezeichnung für die jüdische Mystik und Zahlenmystik allgemein. Im engeren Sinn bezeichnet der Begriff die esoterische, theosophisch motivierte Bewegung, die im 13. Jahrhundert in Spanien und in der Provence ihren Anfang nahm.

Was ist Kabbala Magie? ›

Sie umfasste Gebete, mystische Rituale und Bräuche. Die Bezeichnung „praktische Kabbala“ ist aber auch ein Synonym für Magie. Dabei spielten etwa hebräische Buchstaben eine große Rolle, denen eine magische Kraft zugeschrieben wird, ebenso wie bestimmten heiligen Namen.

Wie viele Anhänger hat Kabbala? ›

60'000 – 200'000 Anhänger, viele Prominente aus dem Showbusiness Vermögen: ca. 25 Mio.

Ist die Kabbala okkult? ›

Die hermetische Kabbala ist eine okkult-esoterische Strömung mit Wurzeln in der Gnosis, dem Neuplatonismus, der Hermetik und der christlichen Kabbala.

Was tragen jüdische Frauen in der Synagoge? ›

Viele Frauen tragen keine Hosen, sondern nur Röcke. Viele verheiratete orthodoxe Jüdinnen bedecken ihr Haar mit einem Kopftuch (genannt „Tichel“ oder „Mitpachat“), einem Turban, einer Haube, einem Haarnetz, einem Hut, einer Mütze oder einer Perücke („Sheitel“).

Was ist der Sinn der Kippa? ›

Im Laufe der Zeit ist die Kippa zu einem Erkennungszeichen der Juden geworden, die den Sitten Israels treu sind und die Erfüllung aller religiösen Pflichten auf sich genommen haben. Form und Farbe der Kippa geben zuweilen Auskunft über den religiösen, politischen und auch parteipolitischen Hintergrund ihres Trägers.

Was machen Kabbalisten? ›

Ausgangspunkt kabbalistischer Traditionen ist die Suche des Menschen nach einer Beziehung zu Gott. Im Zentrum der Kabbala steht die Idee, Gott sei grenzenlos und für den menschlichen Verstand nicht fassbar. Kennzeichnend für die Welt sind nach dieser Anschauung zehn Sphären der göttlichen Entfaltung, die zehn Sefirot.

Wer ist der Gründer von Kabbala? ›

„Adler unter den Kabbalisten“ wird Isaak Luria genannt, der im 16. Jahrhundert die Kabbala systematisiert und mit seinen Lehren noch einmal entscheidend bereichert hat.

Was sagt die Kabbala? ›

Die wörtliche Übersetzung von Kabbalah bedeutet "empfangen". Kabbalisten lehren, dass jeder Mensch geschaffen wurde, um vollkommene Freude und Erfüllung zu empfangen. Die Kabbalah ist eine uralte spirituelle Weisheit, die den Einzelnen und die Welt als Ganzes lehrt, wie wir unser Leben verbessern können.

Was ist die rote Magie? ›

Rot. Philosophie: Rot steht für Emotion und Leidenschaft, lebt für den Augenblick und handelt häufig impulsiv. Rote Magier sind ungeduldig und herrisch und haben einen Hang zu Zerstörung und Chaos – ähnl ich wie die Naturgewalten des Feuers und der Erde, über die sie gebieten.

Was ist Kabbala Numerologie? ›

Die Kabbala, eine Sammlung an Schriften zu den mystischen Traditionen und Lehren des Judentums, verwendet die 22 Buchstaben des hebräischen Alphabets, um die numerologische Bedeutung von Namen zu ergründen. Dabei wird jeder Buchstabe einer Zahl zugeordnet. Die Zahlen werden anschließend addiert.

Was ist ein Kavalist? ›

Bedeutungen: [1] veraltet: heimtückischer, hinterlistiger Ränkeschmied. [2] veraltet: jemand, der sich auf die Cabala der Juden versteht.

Welche Religion hat die meiste Anhänger? ›

Statistisch gesehen ist das Christentum die verbreitetste Religion.

Welche Religion hat 15 Millionen Anhänger? ›

Gegenüber diesen enormen Zahlen stehen gegenwärtig weltweit etwa 15 Millionen Juden (also 0,015 Milliarden). Ein Grund für die geringe Expansion ist, dass Juden nicht missionieren, also keine neuen Anhänger ihrer Religion werben.

Was ist Golem auf Deutsch? ›

Golem (hebr. גֹלֶם golem) ist das hebräische Wort für „formlose Masse; ungeschlachter Mensch“, aber auch für „Embryo“ (s. Psalm 139,16). Im modernen Iwrit bedeutet das Wort golem „dumm“ oder „hilflos“.

Was ist die jüdische Tradition? ›

Die jüdische religiöse Tradition ist eine monotheistische Religion, deren Gott auch als der Gott Jisraels bezeichnet wird. Dieser Gott wird im orthodoxen Verständnis als Schöpfer des Universums angesehen, der auch heute noch aktiv in der Welt handelt (Theismus).

Wer hat die Kabbala erfunden? ›

2 Yehuda Ashlag wuchs in einer chassidischen Familie in Polen auf und wurde mit 19 Jahren zum Rabbiner ordiniert. Er entwickelte die Lehren des bekannten Kabbalisten Isaak Luria (1534-1572) weiter und verband sie mit marxistischer Ideologie sowie chas- sidischen Ideen und Praktiken seiner Heimat (vgl.

Wie heißt das jüdische Gotteshaus? ›

Das Gotteshaus der Juden heißt Synagoge. Wichtig für gläubige Juden ist die Einhaltung der religiösen Gesetze. Dazu gehören die Einhaltung der religiösen Speisegebote und die Beachtung des Schabbat.

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